Selbstverständnis

Tai Chi ist das Schweizer Taschenmesser unter den Sportarten. Es besitzt viele verschiedene Wirkungen. Beim Üben ist es Ihnen freigestellt, welche davon Sie bevorzugen oder vernachlässigen.

Fitness. Tai Chi ist kein Konditionssport, dennoch kommen Sie dabei ins Schwitzen. Das Tempo bestimmen Sie selbst. Gestärkt werden dabei Muskeln, die Sie im Alltag normalerweise kaum beanspruchen. Durch eine entspannte Grundhaltung benutzen Sie z. B. die Beinmuskulatur, und entlasten dabei Ihre Gelenke. Eine nachhaltige Kräftigung und Ausbildung von Körpergefühl tritt an die Stelle der Belastung einzelner Muskeln und Körperpartien bei anderen Sportarten. Ihr Balance-Empfinden wird sich ebenfalls erhöhen. Tai Chi ist altersunabhängig. Es kann dazu beitragen, Unfälle präventiv zu vermeiden, die von der im Alltag angelernten steifen, angespannten Körperhaltung herrühren, wie Treppenstürze, Rückenprobleme durch häufiges Bücken, das Tragen schwerer Gegenstände oder einer ungesunden Schreibtischhaltung.

Gesundheit. Sie können Tai Chi auf vielfache Weise in Ihren Alltag integrieren, um seine positive gesundheitliche Wirkung zu realisieren. Es hilft, den Kreislauf zu harmonisieren, es versetzt Sie in die Lage, Fehlhaltungen zu korrigieren und Verspannungen zu lösen, es schont die Gelenke und vermindert deren Verschleiß. Tai Chi orientiert sich an der traditionellen chinesischen Vorstellung vom „Chi“, einer alles erfüllenden Lebenskraft. Das Üben bzw. Praktizieren soll diese Energie in Ihrem Körper zum Fließen bringen und Ihnen die Möglichkeit geben, es bewusst zu lenken.

Bewegungsmeditation. Oft trifft man in Beschreibungen auf diesen Aspekt. Auch, wenn es bei einer sportlichen Betätigung widersinnig erscheint, ist es nicht falsch, von einer solchen Eigenschaft zu sprechen. Tai Chi wirkt nach innen und nach außen. Die Innenwirkung betrifft nicht nur Ihren Körper und Ihre körperliche Gesundheit, sondern auch den Geist. Durch eine tiefe, ruhige Atmung, eine entspannte Körperhaltung und aufmerksam ausgeführte Bewegungen, können Sie eine zum Körper analoge, entspannte Geisteshaltung herstellen, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Innen- und Außenwelt. Die Bewegung ist ein wirksames Hilfsmittel, sich selbst in Flow zu versetzen.

Kampfkunst. Eine Facette, die nicht ignoriert werden darf (obwohl dies häufig der Fall ist, je nachdem, welchen Kurs Sie besuchen), ist diejenige des Kampfes, sprich: der potenziellen Außenwirkung des Tai Chi. Die Verbindung von Kampftechniken mit Gesundheitsübungen, aus denen Tai Chi ursprünglich hervorgegangen ist, kann eine wirksame Selbstverteidigung sein. Da es ein Weg des körperlichen und geistigen Fortschritts ist, handelt es sich nicht um einen Kampfsport, der das Erlangen von höheren Graden und Wettkampfsiegen zum Ziel hat, sondern im eigentlichen Sinn um eine Kampfkunst.

Philosophie. Tai Chi ist dem Daoismus verbunden, frei von religiöser oder ideologischer Konnotation. Tai Chi und Daoismus gründen sich auf einer bestimmten Auffassung von Welt bzw. Natur und der entsprechenden Haltung den Dingen und Lebewesen gegenüber. Was die daoistische Lehre in Worten beschreibt, drückt Tai Chi in Bewegung aus. Unter anderem geht es um das Denken in Gegensätzen, die sich vereinigen und ineinander übergehen – Entstehen und Vergehen, der Wechsel der Jahreszeiten, geben und nehmen, männlich und weiblich, einatmen, ausatmen, öffnen und schließen, anspannen und entspannen… Dieses Prinzip stellt das allseits bekannte yin-yang-Symbol dar, das im Chinesischen den Namen „tai chi“ trägt.